Conference | Lust und Last der Antike: Antikenrezeption in der Skulptur
Lust und Last der Antike: Antikenrezeption in der Skulptur von Bernini bis Canova
Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rome, 3-4 May 2013
Programm und Organisation: Carina Bauriegel und Anna Sophie Rath
Villino Stroganoff, Via Gregoriana 22
In der Frührenaissance wird das Interesse der Bildhauer für die römischen Antiken neu geweckt. Durch Nachzeichnungen und Stichwerke wird das antike Erbe sukzessive erschlossen und konstituiert einen Kanon, der die Entwicklung der Skulptur nachhaltig prägt. Noch 1730 verweist Lione Pascoli in der Vita des Camillo Rusconi auf die Korrektivfunktion der antiken Vorbilder, deren Aufgabe es sei, die »vivezza, l’espressività, e la bizzaria de’ moderni« zu filtern und zu strukturieren.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts grenzen sich die Bildhauer bewusst von ihren Vorgängern und deren Umgang mit dem antiken Erbe ab. Kritik üben Johann Joachim Winckelmann mit seinem Urteil über Gianlorenzo Berninis Stil als »verderbten Geschmack« sowie Quatremère de Quincy in seiner Warnung an Antonio Canova, falschen Vorbildern zu folgen und ein »Bernini à l‘antique« zu werden.
Dennoch ist die Skulptur beider Epochen untrennbar durch die Rezeption der Antike miteinander verbunden. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bleibt der im Seicento aufgestellte Kanon von Laokoon, Antinoos, Apoll von Belvedere über die Venus Medici bis zu den Philosophen- und Kaiserbildnissen gültig. Lediglich die ästhetischen und wissenschaftlichen Ansprüche an die Skulptur verändern sich, wie exemplarisch an der Rezeption des Apoll von Belvedere bei Bernini, Rusconi und Canova deutlich wird.
Einen kritischen Gegenpart zu den Künstlern bilden Autoren wie Gian Pietro Bellori, Giovanni Battista Passeri, Winckelmann und Carl Ludwig Fernow. Diese beurteilen unter anderem, wie nah die Bildhauer dem antiken Ideal hinsichtlich Invention, Komposition und Originalität kommen oder dieses sogar übertreffen. Dabei werden bewusst Dichotomien mit Blick auf die Qualität der Antikenrezeption einzelner Künstler eingeführt, wie Bernini/Algardi oder Canova/Thorvaldsen. Dies spiegelt sich auch in der Querelle des Anciens et des Modernes wider, die durch den gleichnamigen Vortrag Charles Perraults an der Académie Royale in Paris 1687 erneut aufflammt und bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Zentrum der Kunstgeschichtsschreibung steht. Im Rahmen eines Studientages soll epochenübergreifend über den Umgang mit der Antike in der italienischen Skulptur und deren Rezeption in der zeitgenössischen Kunstliteratur reflektiert werden.
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F R E I T A G , 3 M A I 2 0 1 3
10:00 Museo Gregoriano Profano (Viale Vaticano) — Besichtigung (fakultativ)
14:00 ELISABETH KIEVEN (Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom), Begrüßung
14:10 ANNA SOPHIE RATH und CARINA BAURIEGEL (Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom), Einführung
TRANSFORMATION, Moderation: ELISABETH KIEVEN
14:30 BJÖRN STATNIK (Universität Würzburg), Winckelmanns „großer Bernini“. Die griechisch-antikischen Kunstideale Winckelmanns und Berninis bildhauerisches Frühwerk
15:10 CARINA BAURIEGEL (Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom), „A perfezione come gl’originali“. Antikenkopie bei Massimiliano Soldani Benzi
Kaffeepause
16:30 REGINA DECKERS (Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom), Venezianità, Spätbarock oder Früh-klassizismus? Stilbildung in der venezianischen Skulptur des Settecento
17:10 FABIEN BENUZZI (Università Ca’ Foscari, Venedig), Alle radici di Canova. Il recupero dell’antico nella scultura Veneziana del Settecento
17:50 JOHANNES MYSSOK (Kunstakademie Düsseldorf), „Un Bernin antique“. L’imitazione paradossale dell’antico di Antonio Canova
FESTVORTRAG
19:00 SEBASTIAN SCHÜTZE (Universität Wien), Gli scultori e il discorso di antichi e moderni. Testimonianze letterarie, argomenti visivi e qualche osserva-zione di metodo
S A M S T A G , 4 M A I 2 0 1 3
INSTRUKTION UND EXPOSITION, Moderation: GIOVANNA CAPITELLI (Università della Calabria)
9:00 ANGELA CIPRIANI (Accademia di San Luca, Roma), Dalla citazione all’invenzione. Il mutare della percezione dell’antico nei bassorilievi dei concorsi accademici
9:40 CHIARA GAUNA (Università di Torino), La difficile libertà dell’antico all’Accademie de France
10:20 CRISTIANO GIOMETTI (Università di Firenze), Nel solco dell’Accademia. Studio e pratica dell’antico nella scultura romana di primo Settecento
Kaffeepause
11:30 MARIO GUDERZO (Gipsoteca Canoviana, Possagno), Dal Fauno Barberini all’Endimione dormiente. Canova e l’antico
12:10 ELENA GRANUZZO (Università di Verona), Antonio Canova – Leopoldo Cicognara. Dialogo sull’antico
Mittagspause
INSPIRATION Moderation: SEBASTIAN SCHÜTZE
15:00 MALCOM BAKER (University of California, Riverside), Both British and Antique? Perceiving Difference in Portrait Busts by British Sculptors Working in Italy around 1760
15:40 STEFANO GRANDESSO (Rom), L’antico e i soggetti di genere nella scultura classicista. Da Ridolfo Schadow e Thorvaldsen ai pensionnaires francesi
16:20 ANNA SOPHIE RATH (Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom), Vice and Virtue. La visione dell’antico di John Gibson
17:00 Zusammenfassung und Schlussdiskussion
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